Ein Text von Karin Bruns

Die friedliche Art des Heilens

(Februar 2012)

Heilen durch Rückverbindung, das passiert bei der Energie-Heilmethode Reconnective Healing. Wie vieles zuerst aus dem Amerikanischen Kommende gibt es mittlerweile auch in Deutschland einige Menschen, die mit dieser Methode arbeiten. Was passiert bei einer Sitzung? Welche Effekte hat sie? Die Journalistin Karin Bruns legte sich bei der Gesundheitsberaterin und Reconnective Healing Praktikerin Ulrike Kosfeld auf die Liege.

Reconnective Healing – das klingt so entspannend, irgendwie friedvoll. Im Stau auf dem Weg nach Aachen geht mir vieles durch den Kopf. Eine Heilmethode von dem Amerikaner Eric Pearl, auch bei uns hört man langsam was davon. Vor meiner ersten Sitzung bei Reconnective Healing-Praktikerin Ulrike Kosfeld bin ich dem Begriff hinterher gesurft. Soll erstaunliche Ergebnisse sogar bei schweren Krankheiten zeigen. Körper, Geist und Seele kommen in Einklang. Spürbare energetische Schwingungen sollen erzeugt werden, und durch die Energieübertragung werden Zellen und DNS neu informiert. Ein Selbstheilungsprozess darf eintreten, weil diese Schwingungen einen Zugang auf eine hohe Heilungsebene aus Energie, Licht und Information frei machen. Eine Art Frequenzarbeit zugunsten der inneren Balance.

Das wär’s doch. Mein Körper, mein Geist und meine Seele könnten es gebrauchen. Ich bin übergewichtig, kämpfe seit Wochen ständig gegen Müdigkeitsattacken, habe oft das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Und dann ist da noch dieser tief sitzende Hass gegen meinen Vater. Mit Logik ist das nicht zu erklären. Aber er ist da und blockiert mich ernsthaft. Ich wünschte, er wäre mir genommen. Ich bin aus der Kirche ausgetreten, aber das katholische Glaubensbekenntnis kommt mir in den Sinn: „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Mal sehen, was Frau Kosfeld sagt.

Die begrüßt mich mit ihrer warmen, geerdeten Art. Bietet einen Becher Tee an. Und will von all meinen Symptomen nichts hören. „Die Krankengeschichte ist für die Healing nicht wichtig“, sagt Ulrike Kosfeld. 2008 hat sie Reconnective Healing für sich entdeckt, als Gesundheitsberaterin ist sie aber schon seit 2005 aktiv. „Die heilende Energie sucht sich ihren Weg von allein und geht genau dahin, wo sie gebraucht wird.“ Aha. Keine langen Erklärungen, kein vorheriges verständnisvolles Zuhören, kein von der Seele reden – aber auch keine Beeinflussung. Ich nehme zur Kenntnis, nippe an meinem Tee, schweige und lausche. „Es kann sein, dass die Erwartungen, die Kunden an die Healing haben, nicht erfüllt werden“, fährt Ulrike Kosfeld fort. „Sie möchten gerne, dass etwas geschieht, wissen aber nicht, dass gerade etwas anderes wichtiger ist. Das stellen sie dann aber erst nach der Healing fest.“

OK, dann alles auf Anfang: Frau Kosfeld bittet mich in den Behandlungsraum. Eine Liege mitten drin, ein großes Fenster, eine zimmerhohe Palme, eine Couch, ein kleiner Schreibtisch, fein knarrender Holzfußboden. Angenehm. Freundlich. Die Liege ist bequem, mit einer kleinen Erhöhung für den Kopf. „Darf es eine Decke sein?“, fragt Ulrike Kosfeld mit dem Hinweis darauf, dass die Behandlung etwa eine dreiviertel Stunde dauern wird. Ich nicke und sie legt mir eine dicke Kuscheldecke über die Füße und den Oberkörper. Sie dimmt das Licht und ich darf mich entspannen. „Ich fasse Sie während der gesamten Sitzung nicht an. Erst zum Zeichen, dass ich fertig bin, berühre ich Sie am Oberarm.“ Ich bin dankbar, der Tag war lang und Müdigkeit greift in mir Raum. Ich spüre, wie mein Körper schwer aufliegt, Beine und Po scheinen immer tiefer in den festen Lederbezug der Liege zu sinken. Sanft pocht es in mir, mein Puls, mein Herzschlag? Wie wenn man nach einer langen Wanderung zur Ruhe kommt.

Frau Kosfeld steht schweigend hinter mir am Kopfende der Liege. Ich blinzle ein wenig durch meine Wimpern. Sie scheint kreisende Bewegungen mit den Armen und ihrem Oberkörper zu machen. Ich möchte gerne genau zuschauen. Dazu müsste ich die Augen ganz öffnen und anstrengenderweise den Kopf verdrehen, aber meine Aufmerksamkeit schweift schon wieder ab ins Reich der Entspannung. Jetzt kribbelt es von der Hüfte ab ins rechte Bein hinein. Wie ein sehr leichter Stromfluss – das kenne ich aus diesen galvanischen Fußbädern in der Sauna. Nichts, was mich aufregen müsste, es fühlt sich sogar sehr angenehm an. Die Schwere meines Körpers verflüchtigt sich, während Ulrike Kosfeld weiter lautlose Bewegungen ausführt. Nach und nach heben sich die Grenzen zwischen meinem Körper und dem Drumherum auf. Die Enterprise rauscht in die Dunkelheit des Alls. Seichte Wellen schieben sich von der Fußgegend Richtung Kopf hinauf. Gedanken, die bis eben noch kamen und gingen, lösen sich auf, nichts geht mir mehr durch den Kopf. So geht das eine lange Weile, ein beschützter Schwebezustand zwischen Raum und Zeit. Keine Angst, keine Zweifel.

Ganz von Ferne steuert eine kleine Lichtkugel auf mich zu. Langsam aber zielstrebig. Sie hat einen etwas helleren Kern und zum Rand hin ist das Licht ein wenig nebelig. Der Lichtball scheint genau zu wissen, wo er hin will. Er ist kurz vor mir. Wie eine Sternschnuppe zeichnet er einen Bogen und hinterlässt einen feinen Lichtschweif. Dann taucht er in mich ein, mitten ins Herz. Ich nehme gelassenes Glück wahr und genieße. Ulrike Kosfeld ist mittlerweile am Fußende der Liege angekommen. Wieder kreisende Arme. Noch zwei Mal läuft sie um meinen Körper herum. Dann die Berührung am Oberarm.

Ich frage mich, wie ich von der Liege hoch kommen soll. Ich bin so schwer. Es bedarf schon Kraftanstrengung, meine Augen zu öffnen. Während ich mich langsam auf der Liege hinsetze, überkommt mich der erste Schüttelanfall. Als ich mich aufs Sofa setze um meine Schuhe wieder anzuziehen, klappern mir die Zähne, ich zittere. „So geht es manchen meiner Klienten“, sagt Frau Kosfeld. „Ich gieße noch einen Tee auf, zum Aufwärmen.“ Noch drei, vier Mal schüttelt’s mich, dann sorgt der Tee für Wärme.  Ich erzähle von dem Lichtball. Ja, von so einem Licht hätten schon andere berichtet. Jetzt dürfe ich einmal abwarten, was sich so tue bei mir.

Ich erinnere mich daran, dass ich zurück nach Hause muss. Langsam holt die Realität mich wieder ein. Gut zwei Stunden Autofahrt liegen vor mir. Während ich durch die Dunkelheit über die Bahn steuere, bin ich heiter, gelassen. Die sonst so anstrengende Grübelei hält still, da ist auf einmal so ein wunderschöner Frieden. Dabei ist die Welt doch wie immer, geht es mir durch den Kopf. Zwei Stunden im Auto, schnell vorbei. Ich schlafe zum ersten Mal seit langem einfach durch. Am nächsten morgen bin ich natürlich noch immer übergewichtig. Ein paar Tage beobachte ich mich. Und stelle plötzlich fest, dass der Hass weg ist. Keine einfache Feststellung. Wie bemerkt man etwas, was gar nicht da ist? Als ob er nie dagewesen wäre, doch meine Erinnerung funktioniert schließlich und belehrt mich eines Besseren. Allein aus der Erinnerung kann ich rekonstruieren, wie sehr mich dieser Hass quälte – und nun ist da einfach Neutralität, wenn ich mit meinem Vater rede. Ich bin nicht mehr Opfer, sondern handle einfach – mit Rücksicht auf meine Person. Die Müdigkeit ist auch weg. Hätte ich fast genauso wenig bemerkt. Ich stehe morgens einfach auf und fange den Tag an. Ich erledige das, was getan werden muss. Und ganz neu: Ich mache meinen Mund auf, wann immer es nötig ist, sage ehrlich meine Meinung, setze mich für mich ein. Kein Ausharren mehr, kein höfliches Zustimmen um des Friedens willen. Nicht bei Freunden, nicht bei Auftraggebern, nicht beim Finanzamt.

Schön. Einfach schön.

 

Infos und Fragen:

Ulrike Kosfeld ist erreichbar per E-Mail: kosfeldulrike@yahoo.de. Infos zum Thema Reconnective Healing unter www.reconnection-verband.de